Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war ursprünglich keine
Taxameterproduktionsstätte ansässig. Erst am 01.01.1951 wurde der kleine Handwerksbetrieb
Rosmislowsky & Schwarz in Potsdam-Babelsberg eröffnet, der bis zu seiner Auflösung am
01.08.1958 acht Mitarbeiter beschäftigte. Der Feinmechaniker und Maschinenbau-Ingenieur
Heinz Rosmislowsky und der Kaufmann H. Schwarz gründeten die Firma. Der Betrieb reparierte
Kfz-Anzeigegeräte, Tachometer, Kühlwasserthermometer sowie Taxameter und erledigte
Tarifumstellungen. Geräte aus dem Gebiet der gesamten DDR wurden per Post zur Reparatur
eingesandt. Auftraggeber waren die volkseigenen Kraftverkehrsbetriebe und Taxiunternehmer.
Nicht nur Reparaturen führte das junge Unternehmen durch, sondern sie stellten auch
Zubehörteile in eigener Fertigung her. So produzierte die Werkstatt u.a. Angleichsgetriebe
zur Wegstreckenanpassung und Wellenmuttern. Auch die Konfektionierung von Wellen zum Antrieb von
Tachometern gehörte zur Produktpalette. Im Jahr 1953 bekam die Firma den Auftrag, einen
Tachographen für den Einsatz in der Moskauer Metro zu entwickeln. Heinz Rosmislowsky
entwickelte den Prototyp. Die Probeläufe in der Kremlmetropole verliefen erfolgreich.
Jedoch ging das neu entwickelte Produkt nie in Serie, da die Produktionskapazitäten der
privaten Firma nicht ausreichten. Die Voraussetzungen zum Produzieren, d.h. Werkzeuge, Maschinen
und Material, wurden entsprechend der politischen Doktrin zur Ausweitung des volkseigenen Sektors
vorzugsweise an staatliche Firmen verteilt. Privatunternehmen litten unter systematischer
Behinderung.
Aber auch in staatlichen Firmen fand sich keine Möglichkeit zur Herstellung des Tachographen.
Die Planwirtschaft zeigte von Beginn an keine Flexibilität, neuen Innovationen
gebührenden Raum zu geben.
Heinz Rosmislowsky ließ sich von diesen systembedingten Enttäuschungen nicht
entmutigen und entwickelte kurz darauf den ersten Prototyp seines Taxameters. Dieser hatte noch
sehr kleine Ziffern des Fahrpreisanzeigers und eine nicht ausreichende Anzahl von
Kontrollzählern. Heinz Rosmislowsky entwickelte seinen Taxameter weiter, der erst die
Typenbezeichnung EF 58, dann EF 60 erhielt.
Die Besonderheit des Gerätes war die kompakte Bauweise und der elektrische Aufzug des Uhrwerks
für die Wartezeit. Einen elektrischen Uhrwerksaufzug weist ansonsten erst der ab 1958 produzierte
Kienzle-Taxameter "T12" auf. Heinz Rosmislowskys Taxameter war technisch auf der Höhe der
Zeit. Ein Angleichsgetriebe, um den Taxameter an verschiedene Fahrzeuge anpassen zu können,
war im Gerät integriert. Die Verwendung der Original-Tachowelle, die den Taxameter und
über eine Verbindungswelle gleichzeitig den Tachometer antrieb, vereinfachte den Einbau in
das Taxi. Bis auf den Gangregler des Uhrwerks und die Zahlenrollen der Zählerwerke waren die
Versuchsmuster reine Handarbeit. In unzähligen Arbeitsstunden wurden die Platinen aus Messing
gebaut, Zahnräder und Formteile gefräst und gefeilt sowie Achsen gedreht. Das
Gehäuse, geformt und geschweißt aus Blech, wurde mit Hammerschlag lackiert. Viel
handwerkliches Geschick und Erfindergeist wurden investiert, jedoch das Projekt stand unter
keinem guten Stern. Politischem Druck zur Verstaatlichung mußte sich auch diese Firma
beugen. Die Schließung des Betriebes erfolgte am 30.08.1958.
Der VEB Apparatebau Babelsberg übernahm einen Teil der Mitarbeiter bzw. die ehemaligen
Besitzer. Die restlichen Mitarbeiter fanden eine Anstellung in der PGH
(Produktions-Genossenschaft des Handwerks) Kfz-Meßgeräte, die auf dem Gelände
der Firma Rosmislowsky & Schwarz neu gegründet wurde. Heinz Rosmislowsky arbeitete als
Entwicklungsingenieur in dem VEB.
Die Leipziger Messe stellte 1958 einen funktionsfähigen Prototyp des von Rosmislowsky
entwickelten Taxameters vor. Bestellungen aus der ehemaligen UdSSR, der CSSR und Ungarn gingen
für den Taxameter ein. Im Rahmen des staatlichen Plans sollte der Taxameter für den
gesamten europäischen Raum gefertigt werden. Die Dewag Werbung Potsdam legte einen
Verkaufsprospekt des "Taxameter EF60" im Namen der Firma "Transportmaschinen Export-Import,
Deutscher Innen- und Außenhandel der DDR" auf. Große Hoffnungen wurden geweckt,
das Projekt scheiterte jedoch aus ganz ähnlichen Gründen wie die Herstellung des
Tachographen. Wiederum fehlten Werkzeuge und Bearbeitungsmaschinen. Hinzu kam die chronische
Rohstoffknappheit in der DDR.
Für die Nichterfüllung des wie eine "Heilige Kuh" zu behandelnden Produktionsplanes
mußte ein Schuldiger gefunden werden. Was lag näher, als den ehemaligen "Kapitalisten",
der sich auch noch strikt weigerte, in die Partei einzutreten, als politisch unzuverlässig
hinzustellen und ihm die Nichterfüllung des Planes zuzuschreiben.
Anfang 1961 warnte ein Kollege Rosmislowsky. Die Staatssicherheit nahm den "unzuverlässigen"
Entwicklungsingenieur ins Visier. Gerade noch rechtzeitig konnte er auf einer Dienstreise nach
Ost-Berlin (die S-Bahn fuhr damals noch von Potsdam durch West-Berlin nach Ost-Berlin) die
Gelegenheit nutzen, um wie viele seiner Zeitgenossen zu fliehen.
Die Jahre vor dem Mauerbau waren gekennzeichnet durch "die Abstimmung mit den Füßen".
Mit seiner Familie zog Rosmislowsky nach Baden-Württemberg. Was lag näher für den
Konstrukteur eines Taxameters, als bei der Firma Kienzle anzufangen. Bis zu seiner Pensionierung
1975 arbeitete er in Villingen als Schulungsleiter und gab seine Erfahrungen den Mitarbeitern im
Technischen Kundendienst weiter.
Der nächste Versuch, einen mechanischen Taxameter für die DDR herzustellen, wurde Mitte
der 60er Jahre in einem Magdeburger VEB unternommen. Die beiden Prototypen endeten jedoch
kläglich in einer Vitrine der Entwicklungsabteilung. In den 70er Jahren entwickelte das
Elektroamt (Eigenbetrieb des Magistrats von Ost-Berlin) einen Prototyp den Taxameter "Elta-1".
Der bereits auf elektronischer Basis arbeitete. Auch dieses Projekt wurde jedoch von den
Mühlen der Planwirtschaft zermahlen.
Im RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe) gab es weitere Versuche mit Taxametern.
Der polnische Taxameter "Poltax" glich der Kienzle-Uhr "T8", es wurden 50 Uhren in die DDR
eingeführt. Dieses ab Mitte der 60er Jahre in Poznan von der Firma Powogaz hergestellte Gerät
besaß eine recht hohe Ausfallquote, die durch das Wartezeitwerk bedingt war. Dazu kam,
daß die Taxifahrer der VEB Taxikombinate nicht mit Taxametern fahren wollten. Sie erhoben
sich zwar nicht zu Streiks wie 1907 ihre Kollegen in Rom, als dort die Taxameter amtlich
eingeführt wurden. Ihr Widerstand aber fand andere Wege. Die Uhren wurden angebohrt und
Streichhölzer in das Werk gesteckt, dies demolierte das Taxameterwerk und machte die Uhren
unbrauchbar.
Eine russische Uhr bot zwei Taxenstufen; damit war sie aber für den, durch eine
differenziertere Tarifordnung gekennzeichneten, ostdeutschen Markt nicht geeignet. Ein weiterer
Versuch mit einem bulgarischen Taxameter, der dem Kienzle-Taxameter "T12" ähnelte, scheiterte
daran, daß die Wartezeit nicht funktionierte und das Ziffernwerk nicht der DDR-Währung
angepaßt werden konnte.
Die einzigen Taxameter, die nach dem Krieg neu - in nennenswerten Stückzahlen - in die DDR
eingeführt wurden, waren Uhren, die Rentner (meistens erlaubten die Behörden nur ihnen
solche Reisen) privaten Taxiunternehmern von Besuchsreisen in den Westen mitbrachten. Einige
private Taxameter-Reparaturfirmen, wie die Ostberliner Firma Sagert oder die Magdeburger Firma
Mewes, reparierten und bauten die mitgebrachten Kienzle-Uhren ein. So blieben die Kontakte
zwischen den ehemaligen Geschäftspartnern dank persönlicher Beziehungen erhalten.
Trotz der vielen Rückschläge gab es weitere Versuche, einen eigenen Taxameter in der DDR
zu entwickeln und herzustellen. Das "wissenschaftlich-technische Zentrum des Kraftverkehrs" in
Dresden, das dem Ministerium für Verkehr unterstellt war, entwickelte 1980 den Prototyp eines
Taxameters unter dem Namen "Botax 80". Parteitagsbeschlüsse, die vorsahen, wissenschaftliche
Neuerungen sofort in die Produktion einzuführen, entsprachen nur insofern der Realität,
als sie auf einen chronischen Mißstand der Planwirtschaft Bezug nahmen, hatten aber im Alltag
keine Auswirkungen. Wider Erwarten schaffte es die Bürokratie, für den "Botax 80" in der
"Rekordzeit" von fünf Jahren einen Hersteller zu finden. Die staatliche Firma
"WTPM Deutsche Reichsbahn" in Meiningen wurde vom Verkehrsministerium verpflichtet, den Taxameter herzustellen.
Nach Erprobungen in Dresden und Berlin stellte man allerdings konstruktive Mängel fest. Der
Taxameter störte nämlich teilweise den Funk. Findige Berliner Taxifahrer entdeckten
sogar Möglichkeiten der Fahrpreismanipulation. Nach diversen technischen Veränderungen
entwickelte sich der "Botax 80" endlich zum Standardgerät in den DDR-Taxen. Er bot zwei Tarife
mit mehreren Tarifstufen.