4 Statistische Auswertung der Akten



4.1 Anstaltsstruktur der Leuchtenburg



Verteilung der Häftlinge auf die Strafanstalten in %

Anstaltsstruktur (1)

Die Leuchtenburger Anstalten wurden zunächst als Zuchthaus und Armenhaus eröffnet. Unter den am 14.09.1724 ersten sechs auf die Leuchtenburg gebrachten Häftlingen befand sich bereits einer, der als Armer bezeichnet wurde. Verbrecher, Bettler, Arme und Kranke fanden in den Anstalten Aufnahme.

Eine Differenzierung der Anstalten erfolgte nur langsam. Frauen und Männer wurden getrennt untergebracht (2). Die Strafen, die in den Conduitenlisten 1843-1849 belegt sind, zeigen jedoch selbst für diesen späten Zeitpunkt immer wieder, daß Häftlinge Möglichkeiten fanden, auch innerhalb des Gefängnisses die Trennung von Frauen und Männern zu überwinden (3). Die baulichen und sicher auch administrativen Unzulänglichkeiten der Leuchtenburger Anstalten verhinderten die strickte Trennung von Männern und Frauen, wie dies die prüden Ansichten der Zeit vorgeschrieben hätten. Kriminelle, Kranke, Arme und Irre waren noch weit weniger getrennt untergebracht.



4.1.1 Zuchthaus



Zu Zuchthausstrafen sind die meisten Häftlinge (58,7%) der Leuchtenburger Anstalten verurteilt worden. 55,2% aller Diebstahlsdelikte der Insassen der Leuchtenburger Anstalten werden mit Zuchthaus bestraft. Das Zuchthaus ist die einzige Anstalt, die während der gesamten Zeit ununterbrochen betrieben wurde. Der Wandel und die Kontinuität in den Intentionen für den Betrieb des Zuchthauses läßt sich an veränderten Einweisungsgründen aus der Quelle erschließen (4). Die institutionelle Differenzierung zwischen Zuchthaus und den anderen Leuchtenburger Anstalten hängt vom Wandel der Einweisungskriterien und von der Gründung neuer Anstalten mit spezialisierten Aufgaben ab. Der Verlauf dieser Differenzierung und auch die Tendenz des Wandels des Strafsystems wird an den aus dem Zuchthaus ausgegliederten anderen Leuchtenburger Anstalten deutlich (5).

Das Zuchthaus diente den gesamten Untersuchungszeitraum hindurch der Inhaftierung von schwerwiegend (6) kriminell Gewordenen. Auf Grund der anfangs fehlenden institutionellen Differenzierung kamen auch Kleinkriminelle in das Zuchthaus. Für Gewalttäter und Mörder war das Zuchthaus Verwahrungsort während des gesamten Untersuchungszeitraumes. Die Gesellschaft des frühen 18. Jahrhunderts definierte Kriminalität teilweise anders als die der Mitte des 19. Jahrhunderts. Verbrechen, die sich gegen die Grundlagen der Gesellschaft richten, unterliegen einer besonders strengen Verfolgung. Das Prinzip des ständischen Aufbaus der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts wird durch die außerhalb der Ständepyramide stehenden Arbeitslosen und Randgruppen attackiert. Eigentumsdelikte greifen eine wesentliche Grundlage der bürgerliche Gesellschaft an.

Für die ständische Gesellschaft des 18. Jahrhunderts ist die Bekämpfung der Bettler und Vaganten eine wichtige Aufgabe. Dies spiegelt sich in dem überwiegenden Anteil der Einweisungen wegen sozialer Delikte wider. Als Beweggrund für die Eröffnung von Zuchthäusern wird im 18. Jahrhundert in der Regel die Bekämpfung der Bettler und Vaganten zuerst genannt (7). Die Einweisung in ein Zuchthaus auf Grund von Bettelei war nur eine der möglichen Bestrafungen und zudem meist die finanziell aufwendigste für die jeweilige Obrigkeit. Strafen an Leib und Leben sowie Landesverweisung blieben auch nach der Einführung von Zuchthausstrafen noch längere Zeit in Gebrauch (8). Die Bremische Armenordnung von 1658 unterscheidet die "Hausarmen", die ein Recht auf die Unterstützung der Gemeinde haben und die "frembden Armen", die nach dem Erhalt eines Zehrpfennigs in der Regel die Stadt wieder verlassen müssen. "Sollten auch nächst publicirter dieser Ordnung einige Arme sich gelüsten lassen, dem Bettel auf den Gassen und an den Thüren nachzuhängen, ... so soll ihnen die Pfrunde oder Almosen entweder auf eine Zeitlang entzogen, oder nachdem sie betreten wohl gar mit Anderen, die der Aufhebung nicht würdig abgeschaffet oder ins Werkhaus gebracht werden." (9) Das Werkhaus war somit zuerst für die "undisziplinierten" Hausarmen gedacht. Fremde Bettler sollten aus der Stadt verwiesen werden und nur im Widerstandsfall hatten die Bettelvögte die Möglichkeit, sie vorübergehend in ein Gefängnis einzuweisen.

Die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft mit ihrer kapitalistischen Produktionsweise wurde von Bettlern, Vaganten und anderen Randgruppen nicht prinzipiell in Frage gestellt. Indirekt unterstützten diese Randgruppen sogar teilweise die Entwicklung des Kapitalismus durch die Infragestellung der Ständepyramide.

Eigentumsdelikte zielen direkt in das Herz der bürgerlichen Gesellschaft. Die Bekämpfung von Eigentumsdelikten wird zur Hauptaufgabe, so werden zwischen 1850-1871 94,1% der Zuchthaussträflinge wegen Eigentumsdelikten inhaftiert. Neben der veränderten staatlichen Repressionsrichtung nach 1800 führte natürlich auch ganz wesentlich der Pauperismus zu dem Anstieg der Eigentumsdelikte.

Diebstahlsdelikte sind die Hauptursache für die Einweisung von Männern in das Zuchthaus. Junge Männer werden häufiger als Frauen auf Grund von Eigentumsdelikten eingewiesen (10). Alte Männer wurden eher in das Zuchthaus eingewiesen als alte Frauen (11). Dies sind Gründe, weshalb Männer nicht nur in der absoluten Anzahl sondern auch relativ häufiger in das Zuchthaus eingewiesen wurden (12).



4.1.2 Armenhaus und Irrenhaus



Der erste im Armenhaus untergebrachte Häftling (1724) wurde wegen eines Diebstahles eingewiesen. Er war ein neunzehnjähriger Handarbeiter mit unbekanntem Geburtsort (13), der wie sehr viele Häftlinge in der Anfangszeit auf der Burg verstarb (6. Juli 1729). Die Einweisung in das Armenhaus auf Grund von Eigentumsdelikten ist jedoch später die Ausnahme geblieben. Neben Krankheit, Armut und Wahnsinn übersteigt die Summe der anderen Einweisungsgründe für den Gesamtzeitraum nicht einmal 5,8%. Zwischen dem Zucht- und Armenhaus bestand bereits vor 1800 eine klar erkennbare Aufgabentrennung. Im Armenhaus wurden überwiegend mittel- und/oder hilflose Menschen untergebracht. Der Aufgabe der Betreuung entsprachen im Verlauf der Zeit sich letztlich durchsetzend die Einweisungsgründe. Ab 1825 gibt es dann keine anderen Einweisungsgründe mehr in das Armenhaus als Krankheit, Armut oder Wahnsinn.

Zeitraum andere Einweisungsgründe als KrankArm und Wahnsinn in das Armenhaus in % Anzahl der
anderen
Einweisungs-
gründe
absolute Antwort-
anzahl
1724-1749 10,6% 9 85 vgl.: 8.3.9.1. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1724-1749), S. 130.
1750-1774 12,7% 12 95 vgl.: 8.3.9.2. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1750-1774), S. 131.
1775-1799 1,6% 2 131 vgl.: 8.3.9.3. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1775-1799), S. 133.
1800-1824 4,6% 4 130 vgl.: 8.3.9.4. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1800-1824), S. 134.
1825-1849 0% 0 60 vgl.: 8.3.9.5. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1825-1849), S. 135.


Die Einweisungspraxis unterschied das Armenhaus vom Zuchthaus. Im Zuchthaus wurde anfangs auch ein großer Teil der Kranken, Armen und Wahnsinnigen inhaftiert. Die institutionelle Trennung zwischen Armen- und Zuchthaus war erst ab 1800 keine Einbahnstraße mehr. Die Aufnahme von Armen, Kranken und Wahnsinnigen in das Zuchthaus ergibt sich aus den Intentionen, die zur Gründung des Zuchthauses führten. Arme wurden in das Zuchthaus eingewiesen, um die Bettelei zu bekämpfen. Kranke und Wahnsinnige sind einerseits auf Grund fehlender anderer Versorgungseinrichtungen und andererseits auf Grund der Ausgrenzungspolitik gegenüber den Randgruppen der Gesellschaft in das Zuchthaus eingeliefert worden (14).

Zeitraum Anteil der KrankArm im Zuchthaus Anteil der Wahnsinnigen im Zuchthaus absolute Antwortzahl
1724-1749 17,0% 31,5% 25 vgl.: 8.3.9.1. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1724-1749), S. 130.
1750-1774 23,7% 45,5% 54 vgl.: 8.3.9.2. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1750-1774), S. 131.
1775-1799 5,3% 4,3% 6 vgl.: 8.3.9.3. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1775-1799), S. 133.
1800-1871 0% 0% 0 vgl.: 8.3.9.4. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1800-1824), S. 134; 8.3.9.5. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1825-1849), S. 135; 8.3.9.6. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1850-1871), S. 136.


Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Entkriminalisierung der Armut so weit fortgeschritten, daß den Zeitgenossen nicht nur die strikte institutionelle Trennung notwendig ist, sondern auch, daß das räumliche Nebeneinander von Armenhaus und Strafanstalten ihnen als ein zu verändernder Zustand erscheint. Die veränderte Handhabung des Deliktes Armut kann als ein Spiegel für die sich vollzogenen sozialen Veränderungen um 1800 angesehen werden. Deutlich wird an diesem Beispiel, daß im Verlauf der Zeit sich die Kriterien für eine Einweisung in die Anstalten wandelten. Erst nach dem Wandel der Einweisungskriterien, nachdem die Bekämpfung von Randgruppen nicht mehr im Mittelpunkt der Strafverfolgung stand, konnte eine klare institutionelle Differenzierung zwischen den Anstalten erfolgen. Das Armenhaus auf der Leuchtenburg war eine staatliche Gründung. Dies sicherte den Bestand der Anstalt für mehr als ein Jahrhundert, denn es war nicht abhängig von milden Stiftungen bzw. dem Engagement einzelner Personen (15). "Am 1. August starb Melchior Heumer aus Spohra, der letzte Arme mit welchem sich also das Armenhaus hier schloß." (16) Jedoch aus den Häftlingslisten ist ersichtlich, daß auch nach 1840 weitere sieben Personen in das Armenhaus eingewiesen wurden (17).

Die Existenz einer separaten Irrenanstalt ist aus der Quelle erst ab dem 11.02.1847 ersichtlich (18). In der Zeit zwischen 1840, dem Zeitpunkt der Schließung des Armenhauses lt. Ortschronik und 1847, der erstmaligen Erwähnung der Irrenanstalt, werden nur Geisteskranke und ein Epileptiker in das Armenhaus eingewiesen. Bereits am 16.08.1848 werden die letzten Geisteskranken in das Genesungshaus nach Roda (Stadtroda) überführt. Damit schließen das Irrenhaus und Armenhaus auf der Leuchtenburg endgültig ihre Pforten.

Eine institutionelle Trennung von Armen- und Irrenhaus ist aus der Quelle nicht erkennbar. Geisteskranke werden in das Armenhaus eingewiesen (19). Das Irrenhaus wird erst nach der Schließung des Armenhauses lt. Ortschronik erwähnt. Im gesamten Untersuchungszeitraum waren die Insassen des Armenhauses überwiegend (zu 3/4) Geisteskranke (20).

Zeitraum Wahnsinn
absolute
Antwortzahl
Wahnsinn
%
KrankArm
absolute
Antwortzahl
KrankArm
%
1724-1749 37 43,5% 39 45,9% vgl.: 8.3.9.1. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1724-1749), S. 130.
1750-1774 54 56,8% 29 30,5% vgl.: 8.3.9.2. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1750-1774), S. 131.
1775-1799 111 84,7% 18 13,7% vgl.: 8.3.9.3. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1775-1799), S. 133.
1800-1824 116 89,2% 8 6,2% vgl.: 8.3.9.4. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1800-1824), S. 134.
1825-1849 54 90,0% 6 10,0% vgl.: 8.3.9.5. Straftaten - Anstalten - Einweisungszeitraum (1825-1849), S. 135.


Die fehlende berufliche Qualifikation des Pflegepersonals für die Tätigkeit konnte vielleicht im Einzelfall durch persönliches Einfühlungsvermögen etwas aufgewogen werden. Das Aufsichtspersonal scheint jedoch nicht sehr sorgfältig ausgewählt gewesen zu sein. Auch ehemalige Häftlinge erhalten eine Anstellung als Aufseher (21). Die "Betreuung" der Geisteskranken führte sicher nur in Ausnahmefällen zu einer Besserung des Krankheitsbildes, lange Inhaftierungszeiten sind die Folge (22), oft bis zum Tod des Häftlings.

Die Veränderungen des Umgangs mit den Geisteskranken in der Gesellschaft (23) spiegeln sich deutlich zuerst in der institutionellen Differenzierung der Leuchtenburger Anstalten und dann in der Auflösung des Irrenhauses wider. Nach 1800 werden keine Häftlinge auf Grund einer Geisteskrankheit mehr in das Zuchthaus eingewiesen. Die Auflösung des Irrenhauses, welches wohl mehr den alten Tollhäusern vergleichbar war (24), entsprach den neuen Vorstellungen, die die Insassen "als Kranke jetzt in ihrer Menschenwürde respektierten und (auf die) medizinisch- psychologisch aufgefaßten Patienten einzuwirken suchte(n)" (25).

Frauen waren überproportional im Armenhaus vertreten (26). Unterstützungsbedürftige Männer wurden eher in das Zuchthaus eingewiesen (27).



4.1.3 Korrektionshaus



Die erste Inhaftierte des Korrektionshauses ist am 20.08.1812 eine siebzigjährige Witwe. Die Aufgabe des Korrektionshauses bestand in der sozialen Disziplinierung der Delinquenten. Das ergibt sich aus der Art der Delikte, die zu einer Einweisung führten (28). In der Anfangszeit (1825-1849) wurden noch 11 Häftlinge (11,8%) auf Grund von Eigentumsdelikten eingewiesen (29). Nach 1850 sanken die Eigentumsvergehen auf zu vernachlässigende 1,5% und sozial disziplinierende Verurteilungen und Straftaten, die nur von Frauen begangen werden können (30), stiegen auf 98,3% als Einweisungsursache (31). Auf Grund von Straftaten, die nur, bzw. hauptsächlich, von Frauen begangen werden können, sind die meisten Häftlinge jedoch vorzugsweise in das Zuchthaus eingewiesen worden (32).

Die ursprüngliche Aufgabe des Zuchthauses, die Bekämpfung von Bettlern, Vaganten und liederlichem Volk, erfüllte nun eine spezialisierte Anstalt.

Insgesamt befanden sich zwischen 1812 und 1871 333 Häftlinge im Korrektionshaus. Bis 1844 waren es nur 38 Korrigenden. In den Jahren danach wurden zunächst drastisch mehr und dann wieder weniger Häftlinge ins Korrektionshaus eingewiesen (33). Frauen wurden relativ häufiger ins Korrektionshaus eingeliefert (34).



4.1.4 Landarbeitshaus und Arbeitshaus



Das Landarbeitshaus bzw. Arbeitshaus war neben dem Zuchthaus die Anstalt mit den meisten Insassen. Zunächst wurde das Landarbeitshaus 1840 in Betrieb genommen (35). Nach der Ortschronik wird das Landarbeitshaus am 4. Oktober 1842 eröffnet. Damit beginnt die Nutzung des extra aufgestockten Hauses des Hausverwalters (heute Jugendherberge) (36). 1846 wird das Arbeitshaus in der Quelle erstmals erwähnt (37). Die Häftlinge des Arbeitshauses erledigten gewerbliche Arbeiten (38).

Häftlingszahl des Landarbeits- und Arbeitshauses (39).

Im vorherrschend ländlich geprägten Thüringen ist die naheliegende Beschäftigung der Häftlinge zunächst Landarbeit. Zur Leuchtenburg gehörten Ländereien auf den beiden umliegenden Bergen. Die Häftlinge des Landarbeitshauses bestellten diese Felder. Die Pastoren berichten in der Ortschronik kontinuierlich und zum Teil sehr ausführlich über die Ernteerträge, ein Beleg für die noch starke ländliche Prägung des Umfeldes. Die Ernte diente mit zur Versorgung der Häftlinge. Dadurch konnten die Kosten für den Betrieb der Anstalten geringer gehalten werden. Die Bewachung der Häftlinge war bei Feldarbeiten außerhalb des Gefängnisses problematisch und die sich durchsetzende Industrialisierung bot neue Möglichkeiten sinnvoller Beschäftigung innerhalb der Anstalt (40). Im Rahmen der merkantilistischen Wirtschaftsförderung der Landesherren sind Zucht-, Arbeits-, Werk-, Spinn-, Waisen- und Korrektionshäuser wiederholt zur Etablierung von Manufakturen benutzt worden (41). Die oft überschätzte Bedeutung der Manufakturen erläutert Wehler. Die Beschaffung geeigneter Arbeiten scheint auf der Leuchtenburg immer mit vielen Problemen verbunden gewesen zu sein (42). Ein Zeitgenosse (1776) schreibt über die Torgauer Anstalt, daß die Züchtlinge "zu mancherley Arten von häuslicher und Fabrikarbeit mit dem besten Erfolg angehalten" (43) wurden.



4.1.5 Festungsgefängnis, Staatsgefängnis, Untersuchungsgefängnis



Festungshaft war keine entehrende Strafe. Der "gute Ruf" ist ein wesentlicher sozialer Faktor. Gefängnisstrafen sind entehrend und führen zum Ausschluß aus den Gemeinschaften (Dorf, Gilde etc.). Selbst das Gebäude des Zuchthauses stand unter solchem Stigma. "Bei vorfallenden Reparaturen unehrlicher Gefängnißlocale mußte die Obrigkeit dieselben erst für ehrlich erklären, bevor die Handwerker an's Werk schritten. Noch im Jahre 1772 mußte man in Wien diesen Exorcismus vornehmen." (44)

Widerstand gegen Vorgesetzte oder den Staat waren die Einweisungsursache (45). Das Strafmaß war mit oft 10 Jahren sehr hoch. 14 Häftlinge zählte dieser Anstaltstyp für den gesamten Untersuchungszeitraum. In der Anstalt waren die "Revolutionäre" unter sich. Sicher ist die Leuchtenburg kein Stammheim hinter "finsteren" Burgmauern gewesen. Die soziale Stigmatisierung der Tat erfolgte nicht, die Häftlinge hatten einen Sonderstatus, verbunden mit manchen Vergünstigungen.

Das Staatsgefängnis diente nicht der Inhaftierung der unterbürgerlichen Schichten (46), auf die sich diese Arbeit konzentriert. Die Einweisungsursachen variierten stark, mehrere Geisteskranke (zum Teil adlig), ein Bankrotteur bis hin zu Studenten, die sich duelliert hatten. Im Untersuchungszeitraum waren in dieser Anstalt zehn Personen inhaftiert. Die Häftlinge wurden als Staatsgefangene, Arrestanten und Baugefangene bezeichnet.

Die Untersuchungsgefangenen sind auf Grund von Eigentumsdelikten inhaftiert gewesen. Da es nur drei Inhaftierte gab, ist dieser Anstaltstyp für die Leuchtenburg nicht relevant.




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